European Hardcore Poolparty – Markus P.O.V.

Anreise

Am Donnerstag, den 11.09 war es endlich soweit und mein Kurzurlaub Richtung Lissabon, Portugal stand endlich in den Startlöchern. Wir buchten die Reise Anfang Juli und ich habe seitdem ich die Tickets ausgedruckt habe fast täglich dieser Reise entgegen gefiebert. War ich doch noch nie vorher weder in Lissabon, noch generell in Portugal und vor allem erschien mir die Aussicht auf schönes Wetter, eine Poolparty mit guten Freunden und die Auftritte von Knuckledust, Nasty, Bun Dem Out, No Turning Back und Konsorten doch als grandioser Lichtblick zwischen den düsteren Aussichten des deutschen Sommers.

Leider begann der Start in den Urlaub mit einigen Problemen, die dazu führten, dass ich die Reise allein antreten musste. So zog ich also Richtung Brüssel los um in einen modernisierten Toaster der Firma Ryanair gen Lissabon zu segeln. Meine leichte Flugangst ging natürlich eine wunderbare Symbiose mit diesem Anbieter ein, aber das Budget war halt auch was knapper kalkuliert. Schließlich ging es nicht nur um die wunderbare Poolparty, sondern auch um insgesamt fünf Tage Lissabon-Sightseeing. Kurz vor meinem Abflug konnte ich auch schon ein paar Leute erblicken, welche wohl dasselbe Reiseziel wie ich hatten, und durch diverse Bandshirts meine Aufmerksamkeit im Flughafen erlangten. Scheinbar gehörten diese Leute zur besser betuchten Gesellschaftsschicht, denn in meiner Klapperkiste hab ich sie jedenfalls nicht mehr wiedergesehen. Angekommen sind wir aber am Ende alle und so ging das Abenteuer Portugal weiter.

Ich landete am Terminal 2 des Lissaboner Flughafen und passend zur Fluglinie war das Terminal auch eher so auf den hinteren Rängen der Qualitätsliste im Punkto Lage und Aussehen angesiedelt. Ein kostenloser Bus brachte mich dann aber in knapp zehn Minuten an den richtigen Flughafen und in die Arme von Simon, Mo und Fabian, die alle schon ein paar Tage vor mir in Portugal angekommen sind. Ich merkte als erstes: Ich war definitiv falsch angezogen. Schön in Jeans und Hoodie war ich zwar ganz gut auf das Wetter in Brüssel vorbereitet gewesen, nicht aber auf 27C° in Lissabon. Die Jungs hatten was zu lachen und schlenderten dann mit mir in ihren Flipflops und Tanktop Richtung Metro und anschließend weiter zu unserer Ferienwohnung im Zentrum von Lissabon. Als zweites merkte ich: Wenn du denkst, dass Aachen ziemlich hügelig ist (und wer einmal da war, der wird genau das denken), dann warst du noch nicht in Lissabon. Es gibt ernsthaft keine einzige Straße in dieser Stadt, die keine Steigung hat. Und wahrscheinlich wenige Straßen, die mehr Steigung haben, als die, in der unsere Ferienwohnung war. Kombiniert man Erkenntnis 1 mit Erkenntnis 2 kann man sich vorstellen, wie ich aussah, als ich irgendwann mit klitschnasser Kleidung auf mein Bett gefallen bin.

Die darauffolgenden Stunden verkürz ich etwas, denn schließlich lest ihr das ja, um etwas über die Hardcore Poolparty zu erfahren und nicht um meine Urlaubsmemoiren zu lesen.

Kurzfassung Tag 1: Schnapps ist dort relativ billig, ziemlich wirksam, für Kleidung ist es in einer Wohnung dort definitiv zu warm, betrunkene und nackte Männer sind spitze! Ich liebe Lissabon!

Kurzfassung Tag 2: Wirklich jeder will dir Kokain verkaufen. Jeder. Überall. Was ist bitte los in dieser Stadt? Ich bin zusätzlich auf Flipflops umgestiegen, in Kotze getreten, ausgerutscht und hatte die ganze Jauche im Schuh. Ich hasse Lissabon.

Tag 1

Nachdem der Fuß gewaschen, desinfiziert und der Frust mit etwas Whiskey-Cola runtergespült worden war, ging es endlich ans Eingemachte. Der erste Tag der Hardcore Poolparty stand an und frohlockte mit großen Namen wie Bun Dem Out und Knuckledust. Zusätzlich gaben sich noch die lokalansässigen Bands Linebacker und Steal Your Crown die Ehre. Die Fahrt zur Location gestaltete sich als etwas schwerer als erwartet, war doch Alcochete ca. 40km von unserem Apartment und damit auch dem Zentrum von Lissabon entfernt. Die Faulheit besiegte die Vernunft und so wählten wir das Taxi als Fortbewegungsmittel. Taxifahren in Portugal ist generell sehr billig und so kamen wir mit insgesamt 55€ für ca. 40 Minuten Fahrzeit inkl. Brückenmaut einigermaßen günstig an unser Ziel. Die Vaco-da-Gama-Brücke, welche Lissabon mit Alcochete verbindet, ist übrigens mit 17km die längste Brücke Europas und ein ganz schönes Erlebnis. Die Location befindet sich irgendwo im Nirgendwo an einer doch sehr schönen Strandpromenade und präsentiert sich als ansehnliches Hotel. Ich hab in den 24 Stunden Portugal zu diesem Zeitpunkt schon gefühlt 200 mal gehört, dass die netten Herren mir auch wirklich nur das allerbeste Kokain verkaufen, was es in ganz Portugal gibt. Und das auch nur, weil ich wirklich ein guter Freund von ihnen bin. Wollen wir doch mal sehen, ob die Hardcoreshow ähnliche Versprechen halten kann.

Wir betreten die Location über die Rezeption und der Flair, der einen Umgibt, ist nicht mit normalen Shows zu vergleichen. Alles sieht schön aus, man fühlt sich tatsächlich wie in einem Urlaub voller Hardcorekids und die Begeisterung steigt. Leider beginnt der erste Tag des Festivals abends und der Pool darf erst am nächsten Tag gestürmt werden. Die Hotelbar hat allerdings schon offen und überzeugt durch faire Preise, nette Mitarbeiter und ein wirklich schönes Ambiente. Ich kann an dieser Stelle wirklich jedem Empfehlen zu der nächsten Ausgabe des Festivals zu reisen, denn so eine Gesamtsituation ist wirklich einmalig. Verlässt man die Bar betritt man einen Innenhof, in dem sich die Wege zur Konzerthalle und zum Poolbereich kreuzen. Im Innenhof ist ein Beamer aufgebaut, welcher passend vor einigen Sitzgelegenheiten ein Bild an die Wand wirft. Hier sind Aufnahmen der letzten Ausgabe des Festivals zu bestaunen als auch am folgenden Tag Fussballspiele der Premier League. Richtig schön. Zu diesem Zeitpunkt ist es ungefähr 20 Uhr und immer noch gefühlte 25C° warm. Die Stimmung war durchweg gut, und als wir dann noch die Jungs von Nasty und einige Freunde aus Belgien und Holland trafen, wussten wir, dass wir absolut gar nichts falsch gemacht hatten. Einige der besagten Freunde waren ganz vielleicht auch ein bisschen betrunken, was mich ebenfalls optimistisch in Bezug auf die Getränkequalität der Bar stimmte.

Leider fiel meiner Kontrolle ebendieser auch die erste Band zum Opfer und so verpasste ich leider die Locals von Linebacker. Bun Dem Out betraten jedoch kurz danach die Bühne und diesen Spaß wollt ich mir natürlich nicht nehmen lassen. Relativ sicher von hinten beobachtete ich das Treiben rum um Knuckledust-Frontmann Pelbu. Leider blieb der Auftritt etwas hinter meinen Erwartungen zurück, der Sound war wirklich schlecht und leider spielte die Band auch nicht sehr tight. Witzig war es natürlich trotzdem, und die Leute hatten ihren Spaß, aber irgendwie verließ ich nach dem Ende des Sets den Raum mit einem etwas bedrückten Gefühl. Einen zweiten Return To Strength-Festival-Auftritt erlebten wir hier leider nicht.

Den folgenden Auftritt der Band Steal Your Crown verpasste ich erneut, da ich mich mit Matthi in Bezug auf die neue Ausgabe unseres Magazins verquatschte. Im Endeffekt traurige Quote nur zwei von vier Bands zu sehen, aber ihr kennt das ja. Man lacht, trinkt und hängt rum und plötzlich sind drei Bands vorbei. Als sich jedoch plötzlich der gesamte Innenhof nach innen verlagerte, war klar, dass nun Knuckledust an der Reihe sind. Das letzte Mal hab ich Knuckledust 2007 auf dem Pressure Festival gesehen und dabei ziemlich schön was aufs Gesicht bekommen. Da ich halbwegs lernfähig bin beobachtete ich daher die Band vom Rand aus und konnte mir so ein wirklich gutes Bild vom Geschehen machen. Es war schnell klar, dass mit Knuckledust die Band des Tages auf der Bühne stand. Auf jeden Fall war das mein Eindruck, denn der gesamte Raum bewegte sich zu der Musik der Engländer und es zeigten sich enorm viele Leute als sehr textsicher. Spätestens bei dem letzten Hit „Bluffs, Lies & Alibies“ gab es kaum noch ein Halten und ich bekam richtig gute Laune. Auch 2000km von Zuhause erlebt man dieses Gefühl, wenn man weiss, dass eine Show richtig gut wird und jeder Spaß hat. Jeder im Publikum hat dann dieses dämliche Grinsen im Gesicht. Einfach klasse und definitiv genau der Tagesabschluss, den sich wohl die Meisten gewünscht haben. Nach der Show haben wir sogar noch Leute aus Dresden und Leipzig kennengelernt, die zwar weder das Return To Strength-Festival, noch die Chemiefabrik kannten – aber dafür halt in Lissabon auf einer Hardcoreshow abhingen. Hat halt auch keiner von uns verstanden, aber viel wichtiger war: Sie hatten einen schönen Neunsitzer und fuhren uns damit zurück nach Lissabon. Der erste Tag endete dann mit einem mehr oder weniger anstrengenden Fußmarsch und einer kurzen Nacht, die uns auf den nächsten Tag vorbereiten sollte.

Tag 2

Der zweite Tag der Poolparty hätte schöner gar nicht starten können. Das Rollo des Ferienapartment geht recht früh hoch und gibt den Blick auf einen sonnigen, fast wolkenlosen Himmel frei. Genau darauf haben wir alle gehofft, hat doch der Wetterbericht einiges an Regen angekündigt. Erneut schmeißen wir uns zusammen ins Großraumtaxi und nähern uns so gegen 15 Uhr unserem Ziel an. Das Hotel ist bereits gut gefüllt und viele Menschen tümmeln sich gut gelaunt im Pool und an der Hotelbar. Ebenfalls gibt es nun warmes Essen und Bier/Softdrinks direkt am Pool. Lediglich für Longdrinks muss man den Weg bis in die Lobby auf sich nehmen. Im späteren Nachmittag wird ebenfalls veganes Essen serviert, welches allerdings nur aus einem trockenen Brötchen mit Seitan-Burger besteht. Hier besteht auf jeden Fall noch Luft nach oben, da gerade auf Hardcoreshows veganes Essen seine Abnehmer findet. Ansonsten verfliegt der Tag rasend schnell. Es wird gesprungen, getaucht, gelacht und getrunken. Erneut sind viele bekannte Gesichter aus den heimischen Gegenden anwesend und auch der Probedruck von unserer Ausgabe #003 macht am Pool die Runde. Manche wollen um 19.00, als Clean Break den Startschuss für das eigentliche Konzert geben, den Poolbereich noch gar nicht verlassen. Leider wurde dies vom Veranstalter so veranlasst und so wird der Pool und der komplette anliegende Bereich zugemacht. Das ist natürlich wiederrum gut für die Band, da viele dadurch in die Konzerthalle gehen, andererseits hätte ich eine weitere Stunde im Pool noch sehr genossen. Ich gehe nach der Zwangsräumung erst nochmal kurz in die Hotelbar und ziehe trockene Klamotten an, trinke noch etwas und treffe dann pünktlich zum Set von Strength Approach im Konzertraum ein.

Es erwartet mich schnörkelloser Hardcore, der Spaß macht. Da ich die Band schon öfters gesehen habe, habe ich hier nun keine große Überraschung erwartet und auch keine bekommen. Die Leute reagieren verhalten, aber hier und da bewegen sich die ersten Leute. Alles in allem ein Auftritt, der an mir relativ neutral vorbei geht. Weiter geht es mit Nasty, auf die ich mich fast am meisten gefreut habe, da ich in den letzten Jahren die Band regelmäßig verpasst habe. Man könnte mir an dieser Stelle ein gewisses Talent zum Verpassen von Bands unterstellen.

Scheinbar geht es aber nicht nur mir so, denn der Raum füllt sich immens und viele Menschen strömen nach vorne an die Bühne. Direkt nach dem ersten Song ist klar, warum dem so ist: Nasty liefern ein absolutes Brett ab. Was Tightness, Bühnenpräsenz und Songauswahl angeht sind die Jungs perfekt eingespielt und schon seit Jahren auf „Profiniveau“ angekommen. Über die Aura von Matthias als Frontmann muss man wahrscheinlich kaum noch große Worte verlieren, hier hat jemand seine Berufung gefunden und die Masse frisst ihm aus der Hand. Es gibt Stagedives und harten Mosh, Singalongs und dann noch härteren Mosh. Man sieht schon einigen, die vielleicht primär wegen No Turning Back und Co. da sind, an, dass ihnen der Mosh zu hart ausfällt. Die lästige Crowd-Kill-Diskussion kann man sich an der Stelle hier denke ich sparen. Spaß hatten hoffentlich trotzdem alle im Raum und als Nasty die Bühne verlässt, habe ich faustgroße blaue Flecken an den Beinen, aber ein Grinsen im Gesicht. Schön war das. Es folgen We Ride aus Spanien, welche für Anchor eingesprungen sind und For The Glory. Beide müssen Pizza weichen, welche wir nach gefühlten 25km Fußmarsch an der Strandpromenade finden und verschlingen. Bisher ist der Tag absolut wunderbar, bleibt abzuwarten, ob No Turning Back dem Ganzen noch die Krone aufsetzen können.

Ich beginne das Set von No Turning Back von der Seite an zu verfolgen, da ich vom Nasty-Set einigermaßen lädiert zurückgeblieben bin. Der Raum tobt, Menschen springen direkt beim ersten Song von der Bühne und es wird wild getanzt und mitgesungen. Von der Atmosphäre, vom Sound und vom Konzertraum an sich ist dieses No Turning Back-Set mit dem Auftritt auf dem PitFest 1 in Aachen vergleichbar. Allerdings geht hier noch deutlich mehr auf Seiten des Publikums. Kaum ein Song vergeht, wo nicht energisch mitgegangen wird. Bei Stay Away zieht es mich dann doch nochmal in Richtung Publikum, was nachträglich betrachtet die wohl schlechteste Entscheidung des Urlaubs war.

Nach ca. 20 Sekunden vom Lied fliegt mir irgendwas oder irgendjemand mit so einer Wucht ins Gesicht, dass ich erst draußen wieder aufwache und von gefühlten 100 Menschen umringt bin. Jeder will irgendwas anderes von mir, nur wenige verstehe ich überhaupt, der Rest redet schön Portugiesisch mit mir. Leichte Gehirnerschütterung, ein Cut unterm Auge und schöne bunte Farben im Gesicht sind das Resultat dieses kleinen Ausreißers. Der Tag und das Festival geht damit für mich vorüber und endet mit einem weiteren Beispiel der enormen Gastfreundlichkeit der Gastgeber: eine mir komplett fremde Person sackt uns ein und fährt uns vom Hotel bis zu unserem Apartment, bietet mehrfach an mich ins Krankenhaus zu fahren oder sonst irgendwie zu helfen. Abschließend wird sich noch vehement geweigert auch nur Spritgeld anzunehmen. Tausend Dank an dieser Stelle für so viel Hilfe! Ich verbringe die Nacht und die folgenden Tage mit Übelkeit, Kopfweh und Schwindel im Bett, während der Rest unserer Truppe sich die Sonne auf den Pelz scheinen lässt. Richtig schön scheiße. Aber genug Anreiz für mich um auf jeden Fall nächstes Jahr wieder zu kommen und das nachzuholen. Die Hardcore Poolparty zählt unterm Strich definitiv zu meinen Highlights 2014 und ich kann jedem empfehlen, das Ganze nächstes Jahr selber zu erleben!

In den kommenden Tagen wird ebenfalls Moritz seinen Bericht hochladen, um eventuelle Lücken zu füllen oder meine Sicht der Dinge zu ergänzen.

Markus Kasten

Für weitere Informationen checkt:

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Bilder:

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